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Rund um den Dorfteich

Der Obergraben, der Untergraben u. seine Denkmäler u. Extras!

Luftaufnahme des Dorfteichs.

Als Jugendlicher aus Hämmern hatte ich einen großen Bezug zum Fabrikteich u. dessen Zu- u. Ablauf u. den dazugehörenden Baudenkmäler u. seinen Extras.

Der Teich als Spielplatz!

Eine ganz besondere Zeit war für uns ein kalter Winter wo also fast ganz Hämmern die Schlittschuhe unterschnallte u. auf dem Fabrikteich, der direkt unterhalb unseres Hauses gegenüber der Straße B237 liegt, Schlittschuh lief bzw. Eishockey spielte. Unterschnallen in dem Sinne: Es gab zwei Backen pro Schlittschuh, die mit einem Schlüssel über Gewinde unter die Skischuhe, Schnürschuhe u. sogar Halbschuhe festgedreht wurden. Öfters machte ein Schlittschuh sich selbständig u. der Absatz hing noch festgedreht im Schlittschuh!

Unser Teich im Winter Unser Teich im Frühjahr

Es gab zu der Zeit auch einige Eltern, die ihre Kinder der Gefahr des Teiches nicht aussetzen wollten, diese liefen dann in den Wiesen zwischen Obergraben u. Wupper, dem heutigen Industriegebiet, Schlittschuh, denn meistens ging dem Frost Hochwasser voraus und auch diese Landschaft war eine große Eisfläche.

Damalige Wiesen, heute Industriegebiet, die im Winter überschwemmt waren und eine riesige Eisfläche boten.

Begann das Tauwetter, kamen viele mit Brechstangen auf den Teich, schlugen damit eine geeignete Scholle von der Eisfläche ab u. benutzten sie als Floß.

Man bewegte sich mit Hilfe einer Bohnenstange vorwärts u. das Spiel bestand darin, daß jeder versuchte den direkten Vorder- oder Nebenmann mit Druck, der mit der Bohnenstange auf die Scholle ausgeübt wurde, zum Rutschen zu bringen u. somit im Teich zu versenken.

Viele von uns liefen bis zu den jetzt abgerissenen Müllerhallen auf dem Wipperhof, denn ab da wurde das Wupperwasser durch ein Stauwehr zum Obergraben zur Selbstständigkeit umgeleitet.

Einlauf des Wassers durch Wehr von der Wupper in den Obergraben.Damit wurde auf dem Wipperhof das Wasser gestaut und zum Obergraben umgeleitet.Damit wurde auf dem Wipperhof das Wasser gestaut und zum Obergraben umgeleitet.

Dieses Bauwerk, (existiert heute noch) hieß auch „SCHLAGT“, das Wasser wurde beim Zudrehen des Wehrs abgeschlagen. Das Wasser lief nun durch diesen extra gegrabenen Obergraben 2 km entlang der B237 in den Fabrikteich der Papiersackfabrik-Hämmern. (jedenfalls zu meiner Zeit)

Im Sommer wurde der Teich abgelassen u. wir Kinder hatten wieder unseren Spaß, denn es waren viele Fische da, die wir mit 2 Schalbrettern, womit wir uns mit über den Mott fortbewegten, fingen u. an die Hämmeraner Leute verkauften.

Ich bin 1942 geboren, zu meiner Jugend war es Nachkriegszeit u. es gab noch nicht alles zu essen, jedenfalls freuten sich die Hämmeraner über den Fisch.

Wir mußten schnell sein, denn die Fabrikarbeiter der Sackfabrik, die eigentlich Urlaub hatten, verdienten sich ein paar Mark dazu u. schaufelten die Strömungsrinne von Schlamm frei, sie waren genau so scharf auf die in dem Mott zappelden Fische wie wir.

Parallel zu unserem Teich verlief nochmals ein Obergraben für den Notfall, der bei Ablassen des Teichwassers auf dem direkten Wege das Wasser zur Turbine leitete.

Dort hatten wir ein Floß vor Anker stehen, der Boden bestand aus Brettern u. unter den Brettern waren 4 Benzinkanister festgeschnallt, die von den Amis nach dem Krieg zurückgeblieben waren. Es war einfach toll einen Teich zu haben.

Wir durften alles machen, kein Mensch schimpfte, auch die Eltern gönnten uns den Spaß u. wenn mal in den Teich gefallen wurde, wurden die Klamotten im naheliegenden Wald Kollenberg ausgewrungen, man hoffte, daß sie abends wieder trocken waren u. die Eltern nichts merkten.

Im Sommer klappte das, im Winter blieben die Sachen feucht u. man mußte dann abends mit einer Tracht Prügel rechnen.

Heute würde es heißen: „Ach Kind, schnell in die Badewanne bist ja total unterkühlt du armes, wir holen den Doktor, der muß was verschreiben, sonst wirst Du ja krank!“

Ja jetzt wird man davon krank u. hat auch zusätzlich noch Pollen- u. Schneeallergie!

Was haben sich die Zeiten geändert, heute sieht man fast keinen Menschen mehr ausser ein paar Anglern da unten u. im Winter kann man die Crew auf der Eisfläche an 10 Fingern abzählen, wie in diesem Jahr bei 26 cm Eisdicke.

Die Angst der Eltern wird auf die Kinder übertragen….

Der Wasserlauf!

Zurück zum Wipperhofer Wehr, oder zur Schlagt! Das gegenüber des Kesselhauses auf dem Wipperhof umgeleitete Wupperwasser, zwischendurch noch von dem Mossebach gespeist, floß an der Hilgersbrücke vorbei, hier konnte man die Gegenseite immer über eine baufällige, kleine Brücke erreichen. (Frage an den GVW: Gab es hier in Hilgersbrücke vielleicht früher eine große Brücke über den Obergraben?)

Einlauf Mossebach: Verrohrung B237 zum Obergraben.Mossebach mündet in Hilgersbrücke in den Obergraben.

Am Ortseingang von Hämmern gab es die erste Tonnenbrücke, die hauptsächlich von den Bauern benutzt wurde, wollten sie dann noch auf die Ländereien der Gegenseite der Wupper, etwa zum heutigen Flugplatz, so kamen sie bis zur Wupper trockenen Fußes, dann aber mußten Ross, Wagen u. Reiter durch das Wasser! Hier war also auch ein Furt durch die Wupper.

Ein Bach aus dem Kollenberg, der Hämmerbach der hier an der Tonnenbrücke normalerweise auch in den Obergraben gemündet wäre, wurde, da sein Bett zu tief für den Einlauf zu ihm lag, über einen Wasserfall in die Tiefe geleitet, floß unter dem Obergraben her, dann etwa 50 Meter durch Rohre u. vereinigte sich mit dem überflüssigen Wehrwasser, das stand keine 50 m hiervon entfernt, mit dem sogenannen Überlauf des Teichwassers. Das hatte auch den Zweck, daß immer Wasser in diesem Graben war, damit die Fische auch tagsüber, wenn die Turbine das Wasser brauchte, in diesem Bach überlebten.

Einlauf des heutigen Hämmerbachs, direkt in der Nähe des Alten Wehrs, in den Obergraben, früher wurde er drunterhergeleitet.Der Hämmerbach fließt unter der B237 her. Früher wie heute.

Die Rohre waren so groß, daß man in gebückter Haltung als Kind durchkriechen konnte, da sie aber in der Mitte in einem ungefähr 120° Winkel abzweigten, war es immer dunkel darin. Ein Stück Rohr war in dieser Krümmung abgesackt u. in dieser sich gebildeten Schüssel hielten sich eine Menge Forellen auf, das war für uns Kinder natürlich ein Grund sie mit Taschenlampe u. Eimer rauszuholen.

Das Wehr!

Wenn die Fabrik Feierabend hatte, wurde die Turbine auf halbe Kraft gesetzt u. das überschüssige Wasser lief über das obengenannte Wehr, ganz in der Nähe der Tonnenbrücke 1, in dem oben erwähnten eigenen Graben, „ABFALL“ genannt, ungefär 500 m auf den Bahnhof Hämmern zu, wo es sich wieder mit der Wupper vereinte.

Dieses Wehr kann man eigentlich mit Worten nicht beschreiben, es war für mich ein Jahrtausenddenkmal.

Ausser einem mittigen Schütt u. riesigen, seitlichen Überlaufstromschnellen, hatte es eine Brücke, 4 riesen Pfeiler u. zwei kurze-, links u. rechts auf halber Höhe. Nochmals 2 seitlich nachfolgende Wasserfälle, bevor das Wasser sich unter einem Halbbogen, der sich 180 Grad als Brücke über den darunter laufenden „ABFALL“ spannte, wieder in einem Bach sammelte.

Setzte der Überlauf abends ein, konnte man vor lauter Getöse des Wassers sein eigenes Wort nicht mehr verstehen. Das ganze Wehr war aus gehauenen riesigen Natursteinen. (Die Steine an den Aufbauten auf dem Staudamm der Neye- Talsperre erinnern mich heute noch daran.) Das ist alles eine vage Beschreibung, aber habe Berichte u. Photos, die in etwa den Wert dieses Wehrs wiedergeben.

Leider mußte es in den 80. Jahren ohne Sinn u. Verstand dem Industriegebiet weichen.

Zeitung: Ein Haufen Steine blieb vom Denkmal.Zeitung: Null Industriekultur.Zeitung: Altes Wehr wurde zum Steinbruch.Zeitung: Industriedenkmal vom Bagger vernichtet.Zeitung: Das letzte alte Wehr an der Wupper in Hämmern wurde zerstört.

Ein Schildbürgerstreich der Stadtverwaltung von Wipperfürth, die die Steine zwar nummerierten, den Leuten erzählten, daß alles wieder aufgebaut würde, aber sie haben die Steine sinnlos verteilt und irgendwo hingebracht, wo sie keinen Wert haben.

Herr Kempf vom WGV hat nach intensivem Suchen, ich glaube 51 Steine irgenwo verteilt wiedergefunden!

Sogar ein Hämmeraner Gastwirt versuchte die Stadt zu überzeugen, daß das Wehr einen enormen Wert besaß u. doch bitte wieder, zumindest an einem Bach, dabei bot er die naheliegende Mossebach an der über sein Grundstück lief, aber er stieß auch mit Hilfe der Hämmeraner und der SPD, die den Erhalt des Wehrs unterstützten, auf taube Ohren (Siehe Zeitungsberichte: Herr Peter Kempf, Jochen Höfer, Rolf Hardenbicker v. der BLZ, Herr Norbert Bangert von der BM!)

Die Stelle an der das Alte Wehr stand, ist heute mit Wildwuchs bedeckt.

Bis heute ist an dieser Stelle, wo das Wehr gestanden hat noch kein Gebäude u. ebenfalls nichts angeschüttet worden. Werkzeug Floßbach hat zwar voriges Jahr in der Nähe angebaut, aber wäre auch heute noch nicht an die Wehrmauer angestoßen. Kann eine Stadt so etwas ohne Strafe machen???

Der weitere Verlauf des Obergrabens

Der Wasser des Obergrabens sammelte sich nach dem Wehr im Fabrikteich, der mit den Maßen 100 x 70 Meter ein sehr großes Reservoir für die Turbine war.

Der heute zugemauerte Wassereinlass zur damaligen Turbine.Der jetzige Überlauf wird an dem Einlauf der Turbine vorbeigeleitet und trifft an der gleichen Stelle um 90° versetzt wieder den Untergraben.

Wie schon erwähnt floß das Wasser des gestauten Teiches durch die Papiersackfabrik trieb eine Turbine an u. sorgte für den Strombedarf der Maschinen.

Die Turbine wurde mittlerweile rausgerissen u. liegt in alle Einzelteilen im Nebenraum, frei zum Verkauf nach Holland. (wurde damals von Georg Eck GVW in allen Lagen photographiert)

Der nachfolgende Untergraben

Das Wasser fließt heute durch eine neue Verrohrung um die Fabrik, bevor es fast wieder wie damals an der gleichen Stelle das Tageslicht erblickt.

Nach etwa 50 Metern kam es auch damals wieder aus einer Natursteinunterführung ans Tageslicht.

Früher, bis 1974, war in der Nähe eine Kneipe u. mancher Gast rieb sich nach einem Toilettenbesuch die Augen, denn er hatte durch das Fenster den Obergraben entweder total rot, blau oder gelb gesehen. Das Abwasser u. den Rest der Einfärbung der Säcke leitete man einfach in den Untergraben, es gab ihn also in allen Regenbogenfarben. Somit gab es damals auch so gut wie kein Leben in dem Untergraben u. der nachfolgenden Wupper.

Einlauf Untergraben zurück zur Wupper.

In den 20er Jahren, solange die Tuchfabrik bestand, leitete man das Wasser durch eine Verrohrung hinter der Tonnenbrücke 3 durch 6 Klärteiche u. wieder in den Untergraben, bevor es dann nach weiteren 100 Metern, in etwa gereinigt, sich wieder mit der Wupper vereinte.

Die Tonnenbrücke am Untergraben, dahinter die früheren 6 Reinigungsreiche (Klärteiche, heute Schrottverwertung).

Die Zufahrt zur Fabrik wurde am Ortsausgang von Hämmern in Richtung Hückeswagen von der B237 abgeleitet und über eine jetzt unter Denkmalschutz stehende Tonnenbrücke 3 durch eine Kastanienallee geleitet.

Der Rest der Kastanienallee.Die Eschenallee gepflanzt von Karl Wächter, Chef der damaligen Tuchfabrik.Die Eschenallee gepflanzt von Karl Wächter, Chef der damaligen Tuchfabrik.Die Brücke zum Bahnhof Hämmern über die Wupper, gleichzeitig das Ende der Eschenallee.

Diese Kastanienallee ging dann in eine Eschenallee über, die bis zum Bahnhof führte, die Eschenallee wurde in den 20. Jahren von Herrn Karl Wächter (Sohn Helmut schrieb in den 80er Jahren das Buch „EIN DORF WIE HÄMMERN“ welches leider durch seinen plötzlichen Tod nicht mehr veröffentlicht wurde), der Betriebsleiter in der Elberfelder Papierfabrik war, gepflanzt. Selbst hier wurde die Kettensäge zur Vernichtung angesetzt.

Helmut Wächter schreibt Buch "Ein Dorf wie Hämmern".

Gott sei Dank hat sich auch hier Herr Kempf eingesetzt u. die Stadt dazu gebracht, zumindest die fehlenden Eschen wieder aufzuforsten. Auch diese Tonnenbrücke, jetzt unter Denkmalschutz, ist ein großes Kunstwerk aus vergangenen Zeiten, das hat die Wipperfürther Stadtverwaltung noch überleben lassen. (Wie lange noch??)

Der heutige Wasseraustritt vom Ober- zum Untergraben.

Ein Teil des Schmiedeeisens fehlt schon 3 Jahre, es wurde provisorisch mit einem Holzrahmen u. Flatterband gesichert, eine riesige Gefahrenstelle für Kinder, die öfters hier spielen, denn gibt der Zaun nach, fallen sie 12 Meter in die Tiefe.

Diese Sache wurde schon des öfteren angesprochen, aber nichts geschieht, warum auch, das Kind ist ja noch nicht in den Brunnen gefallen….

Die Fabrik!

Die Entstehung der Hammerwerke unter Reinshagen u. der spätere Fabrikbau einer Tuchfabrik unter Johanny ist nachzulesen unter Geschichte von Herrn Erich Kahl in www.hämmern.de.

Zeitung: Ein Eisenhammer gab dem Dorf den Namen.

Später wurde daraus ein Papierwerk, dann wurden Regale hergestellt bei ELEKTROLUX u. bis vor kurzem Kabel der Fa. HEW.

In einem angemieteten Raum dieser Fabrik, in der Nähe des Wassers hatte in den 30er Jahren Matthias Schmitz einen Raum angemietet in dem Eisblöcke zum kühlen der Getränke hergestellt wurden. Diese verkaufte er an alle Gaststätten u. Hotels

Viel früher wurden auch im Winter Eisblöcke aus der Eisschicht des Teiches geschnitten u. in einem Bunker direkt neben unserem Haus zwischengelagert, die sogar durch die niedrige Temperatur des Bunkers bis zum Sommer hielten.

Der Eingang zum Eiskeller der Familie Matthias Schmitz, direkt an unserem Haus unterhalb von St. Anna.

Ob dieser Eisbunker noch unterirdisch existiert ist mir nicht bekannt, denn heute ist hier etwas höher gelegen eine Zufahrt zu einem Privatgrundstück, aber zumindest stehen die Grundmauern noch.

Fabrik und Teich. Die direkten Gebäude am Teich beherbergten die Eisfabrik von Matthias Schmitz und den Schulungsraum der Hitler Jugend.

In einem Nebenraum der Eisherstellung befand sich damals vor dem 2. Weltkrieg ein Ausbildungsraum der Hitlerjugend.

Nach der Überlieferung eines Augenzeugen hing hier ein Hinweisschild mit der Aufschrift: „HIER RUHT DIE SCHLACHTENKRONE DER JOHANNYS“ mit Angabe der Meter Entfernung u. Tiefe.
Hans-Leo Nassenstein

2 Kommentare

    • Wolfgang Würpel auf 20. Januar 2022 bei 16:13
    • Antworten

    Mitte der 60er Jahren habe ich von Schweden PapierRollen geholt und nach Hämmern
    geliefert. Lang ist es her .
    Danke für den Bericht über die alte Zeit .

    • Achim Schmitz auf 19. Januar 2018 bei 15:35
    • Antworten

    Hallo, sehr schöner Bericht. Ich Baujahr 1972 habe auch meine Kindheit an der Rausche Wipperhof verbracht. WIe mein Vater es als Kind auch schon getan hat. Wir kannten jeden Stein, jedes Schlammloch, jedes Rohr….

    Leider soll diese Rausche nun auch zerstört werden.
    Siehe: https://www.wupperverband.de/internet/web.nsf/id/li_pm_wehr_wipperhof_20180115.html

    Gruss, Achim Schmitz.

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